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Gerätebau GmbH und Martha II

 

Gerätebau GmbH und  Martha II Mühlhausen

Im Juli 1934 erwarben die Gebrüder Thiel, ein Uhren- und Zünderhersteller aus Ruhla, zur Erweiterung der Produktion und Annahme weiterer Rüstungsaufträge ein 22 ha großes Grundstück im Stadtwald Mühlhausen in Nordthüringen. Das Grundstück hatte eine strategisch wichtige Bedeutung. So war ein Abschnitt der Reichsautobahn durch den Hainich geplant, der von Eisenach zwischen Heyerode und Oberdorla sowie Peterhof und Pfafferode nach Hüpstedt führte. Dort war die Auffahrt auf die Autobahn Halle-Kassel geplant, etwas südlicher liegend als die heutige Trasse der Autobahn A 38. Die steigende Nachfrage an Rüstungsgütern ermöglichte die staatliche finanzielle Unterstützung beim Bau der zwei Fabrikhallen und des Verwaltungsgebäudes. Nach der Fertigstellung begann der neu gegründete Betrieb «Gerätebau GmbH, ein Tochterunternehmen der Gebrüder Thiel GmbH im Dezember 1937 mit der Zünderproduktion. Sowohl die Einberufung deutscher Fach- und Spezialkräfte zum Wehrdienst als auch die Ausdehnung der Rüstungsindustrie im ganzen Reich führten ab 1942 verstärkt zum Einsatz osteuropäischer und russischer Zwangsarbeiter, die im B-Lager der Gerätebau GmbH im Stadtwald untergebracht waren. Dort wurden bis zu 696 weibliche, jüdische Häftlinge im Alter zwischen 15 und 33 Jahren zur Arbeit gezwungen. Zur Unterscheidung der Lagerinsassinnen von den Fremdarbeiterinnen wurden sie mit roter Farbe auf dem Rücken gekennzeichnet.

Gerätebau GmbH und Martha II

Gerätebau GmbH und Martha II, KZ, Mühlhausen, B-Lager

Bereits Ende 1940 plante die Gerätebau GmbH den Einsatz von KZ-Häftlingen, der aufgrund fehlender Unterbringungsmöglichkeiten noch nicht realisierbar war. Vier Jahre später beantragte der Betrieb erneut die Zuweisung von KZ-Häftlingen und die Einstellung von Wachpersonal. Am 3.September 1944 erreichten 300 überwiegend polnische und ungarische Jüdinnen aus Buchenwald das Außenlager Mühlhausen II (Deckname Martha II). Zwei Tage später trafen acht Aufseherinnen aus dem KZ Ravensbrück ein, die am 19. September durch 15 weitere verstärkt wurden. Im Oktober 1944 erreichten weitere 200 Frauen aus dem KZ Auschwitz das Außenlager.

Die Unterbringung der Häftlinge erfolgte auf dem Gelände der Gerätebau GmbH in Baracken, die sich in einem erbärmlichen Zustand befanden. Die sanitären Anlagen waren stark verschmutzt und die Wasserleitungen in den Wintermonaten vereist. Die Verpflegung der Frauen war miserabel. Hinzu kamen tägliche Zwölf-Stunden-Schichten in der 2,5 km entfernten Fabrikhalle für die Mühlenwerke GmbH bzw. Junkers Flugzeug- und Motoren werke AG Schönebeck und die Munitionsfabrik der Gebrüder Thiel (Ruhla). Die Frauen produzierten Flugzeugteile und Zünder.

Die Arbeitsbedingungen und Umstände im Lager sowie die unzureichende Bekleidung bedingten täglich circa 20 bis 25 durch Schwäche und Krankheit ausgelöste Arbeitsunfälle.

Am 28. Februar 1945 begann die Evakuierung des Außenlagers. Die Frauen und das Wachpersonal begaben sich, trotz der Unterstellung unter das KZ Buchenwald, per Bahn und zu Fuß nach Bergen-Belsen, wo sie am 3. März 1945 eintrafen.

1947 sprengte die sowjetische Besatzungsmacht die Fabrikhallen und Häftlingsbaracken. Noch heute kann man Überreste der Produktionshallenfundamente sehen.

Nach dem Krieg 1945 gab es für das B-Lager eine Nutzungsänderung; Umsiedler und Heimkehrer gingen hier in die Quarantäne. Am 3. März 1946 fand erstmals ein Gottesdienst mit 180 Heimbewohnern und ehemaligen deutschen Kriegsgefangenen im Speisesaal statt. Später hat die Rote Armee im Lager Einzug gehalten und es als Kaserne genutzt. Die Unterkünfte wurden teilweise als Pferdeställe genutzt. Später, in den 50ern, hat das B-Lager der NVA, mit den motorisierten Schützenregiment 22, bis zur Wende als Kaserne gedient. Das B-Lager wurde danach als Asylantenheim genutzt. Aktuell ist das Grundstück im Besitz der KKT Kratochwil GmbH. Eine Anfrage bei der Firma Kratochwil Fotoaufnahmen von den Gebäuden machen zu dürfen blieb bisher ohne Antwort.

Quelle: Wikipedia, Thüringer Allgemeine, DER ORT DES TERRORS, Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 3 Sachsenhausen Buchenwald, Wolfgang Benz und Barbara Distel

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